Letzten Donnerstag hegte er noch die fromme Hoffnung, dass sich die Jamaika-Sondierer am Ende einigen werden. Bei seinem Vortrag auf der Deutschen Arbeitsrechtskonferenz in München legte Gregor Gysi augenzwinkernd dar, warum die vier Parteien zum Erfolg verdammt seien:
Angela Merkel müsste bei Neuwahlen wieder antreten, weil sie keine Alternative aufgebaut hat. Die FDP würde aus dem Bundestag gleich wieder rausfliegen, die Grünen seien so was von scharf aufs Mitregieren und für die CSU würde es wegen der bevorstehenden Landtagswahlen 2018 schwierig. So kann sich auch ein mit allen Wassern gewaschener Politprofi täuschen…
Es ist faszinierend, wie Gregor Gysi Menschen mitreißen kann, die niemals die Linke wählen würden. Mit einer Mischung aus Ernst, Selbstironie und kabarettreifen Anekdoten spricht er die Politikbereiche an, in denen er dringenden Handlungsbedarf sieht.
Die Mitte entlasten
Gysi beklagt, dass die Mitte der Gesellschaft und der Wirtschaft unseren Staat finanziert, während sich viele Reiche und Großunternehmen ihrer Steuerzahlungen entziehen.
Deutschland hat aber einen enormen Investitionsbedarf: Schulen und Verkehrsinfrastruktur sind marode, der Ausbau des schnellen Internets dringend notwendig, es fehlen Wohnungen, Erzieher, Pflegekräfte, das Justizsystem ist überlastet – eine schwarze Null für den Staatshaushalt erscheint Gregor Gysi daher wenig vernünftig.
Marshall-Plan für Griechenland
Auch in der Außenpolitik schlägt Gregor Gysi kritische Töne an. Die Europäische Union sieht er in der tiefsten Krise seit ihrer Gründung, ihre Errungenschaften seien erstmals gefährdet. Sie sei unsolidarisch, unsozial und zu bürokratisch. Statt Griechenland eine Agenda 2010 hoch zehn aufzubürden, hätte das Land einen Marshall-Plan gebraucht. Europa sei aber als Friedensgarant wichtig und muss für die Jugend gerettet werden. Denn die heutige Jugend ist in ihrer Lebensweise international.
Ich bin Zweckoptimist
Trotz der aktuellen Krisen und Probleme bleibt Gregor Gysi optimistisch. Die vor uns liegenden Herausforderungen lassen sich lösen, wenn wir nach vorne blicken. Und nicht, wie AfD und andere Populisten suggerieren, zurück in eine vermeintlich bessere Vergangenheit wollen.
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