Nicht nur an den Tankstellen sind die Preise deutlich gestiegen, auch an der Supermarktkasse muss man seit einiger Zeit tiefer in die Tasche greifen. Wird das so weitergehen? Wir haben den ehemaligen Wirtschaftsweisen Prof. Dr. Peter Bofinger um seine Einschätzung gebeten:
„Nach fast zwei Jahrzehnten mit weltweit niedrigen Preissteigerungsraten ist jetzt die Inflation zurückgekommen. In den Vereinigten Staaten lag die Inflationsrate zuletzt bei 6,2 %, in Deutschland sind es 4,5 %. Der Euroraum kommt auf 4,1 %.
Corona als Preistreiber
Natürlich spielt dabei die Corona-Pandemie eine wichtige Rolle. Sie hat das komplexe Gefüge der weltweiten Lieferketten wie ein Erdbeben massiv beschädigt. Zugleich haben Verbraucher in den Lockdown-Phasen viel gespart und können so ihren Konsum heute kräftig ausweiten.
Energiepreise, die in den ersten Wellen der Pandemie deutlich eingebrochen sind, haben wieder ihr Vorkrisenniveau erreicht und gehen darüber teilweise noch hinaus. In den Vereinigten Staaten haben die Präsidenten Trump und Biden durch extrem hohe Transfers an die privaten Haushalte die Nachfrage noch zusätzlich geschürt.
Verhältnisse wie in den 1970er und 80er Jahren?
Die spannende Frage lautet jetzt: Handelt es sich bei alledem nur um temporäre Schocks, so dass wir mit dem Abklingen der Pandemie wieder zu Inflationsraten von rund 2 % zurückkehren, wie sie von den großen Notenbanken als Zielwert angestrebt werden? Oder ist jetzt eine neue globale Inflationsphase eingeleitet worden, wie man sie in den 1970er- und frühen 1980er-Jahren hatte beobachten können?
Vieles hängt davon ab, wie sich die aktuellen Inflationsraten auf die Inflationserwartungen von Arbeitnehmern und Unternehmen, von Verbrauchern und Investoren auswirken. Bisher ist nicht zu erkennen, dass es hier zu den sogenannten Zweitrunden-Effekten kommt, bei denen steigende Inflationserwartungen im Sinne einer „self-fulling prophecy“ dann auch tatsächlich zu anhaltend höherer Inflation führen.
Bremse statt Gaspedal nötig
Wie das Ganze ausgehen wird, hängt wesentlich vom Verhalten der Notenbanken ab. Diese haben sich bisher trotz der steigenden Inflationsraten weitgehend passiv verhalten. Vor allem die US-Notenbank wäre jetzt dringend gefordert, vom Gaspedal auf die Bremse zu gehen. Im Euroraum, wo die Inflationstendenzen deutlich weniger ausgeprägt sind, ist der Handlungsbedarf nicht ganz so groß.
Für Deutschland ist für die kommenden Jahre nicht mehr mit so niedrigen Inflationsraten wie in den 2010er-Jahren zu rechnen. In diesem Jahrzehnt war der Preisauftrieb mit nur 1,3 % im historischen Vergleich auch ungewöhnlich gering.“
Selbstverständlich hält unser Autor auch Vorträge zum Thema „Kommt jetzt die große Inflationswelle?“ . Hier können Sie Peter Bofinger für Ihre Veranstaltung anfragen.
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