Sicher kennen Sie das: Nach dem Urlaub warten Hunderte ungelesener Mails auf Sie, das Telefon steht nicht still, ein Meeting jagt das andere – und schon haben Sie das Gefühl, Sie seien nie weggewesen…
Damit Ihnen das künftig nicht mehr passiert, hat unser Redner Marco von Münchhausen ein paar praktische Tipps zur Hand. In dem folgenden Gastbeitrag erläutert der Experte für Selbst- und Stress-Management, was Sie tun können, damit der Erholungseffekt in Zukunft bis zum nächsten Urlaub hält:
„Die Balance zwischen Arbeit und Leben – Work-Life-Balance – ist eines der großen Schlagworte unserer Tage. Da es selten gelingt, das ganze Jahr über einen angemessenen Ausgleich zwischen diesen scheinbaren Gegensätzen herzustellen, wird die Urlaubszeit oft reichlich überfrachtet. Da wird nachgeholt, was das Jahr über im „Life-Bereich“ zu kurz gekommen scheint.
Dabei ist es natürlich eine Illusion zu glauben, man könne tatsächlich ständig ein zeitliches Gleichgewicht herstellen: Die Arbeitszeit ist für die meisten Menschen vorgegeben, sie lässt sich nicht einfach so verringern. Und das Zeitkontingent, das daneben bleibt, ist gering.
Wenn wir es genau betrachten, liegt der Irrtum eigentlich schon in dem Begriff „Work-Life-Balance“. Er suggeriert, es gäbe da auf der einen Seite die „Arbeit“, auf der anderen das „Leben“, und zwischen diesen beiden müsse eine „Balance“ hergestellt werden. Als ob die Arbeit nicht integraler Bestandteil des Lebens wäre! Und so beginnt für manchen das „wahre“ Leben erst mit dem Feierabend oder eben im Urlaub …
Leider funktioniert das auf Dauer nicht. Die meiste Zeit des Jahres werden wir von unserer Arbeit voll in Beschlag genommen, täglich acht, zehn oder mehr Stunden. Wer da den Erholungseffekt des Jahresurlaubs mit in das neue Arbeitsjahr nehmen und das ganze Jahr über innerlich stabil bleiben will, wird nicht umhinkommen, schon bei der Arbeit selbst aktiv an die „Lebensbalance“ zu denken.
Drei Tipps helfen dabei:
1. Sorgen Sie für realistische Arbeitsanforderungen.
Balancefördernder und innerlich stabilisierender Spaß an der Arbeit entsteht – so der Flow-Forscher Csikszentmihalyi – auf dem relativ schmalen Grat zwischen Überforderung (die uns stresst und aus dem Gleichgewicht bringt) und Unterforderung (die uns langweilt und Frust erzeugt). Genau dann, wenn die Herausforderung mit unseren Fähigkeiten in Einklang steht, sind wir im Flow – ein Zustand, in dem uns auch Höchstleistungen nicht anstrengen.
Versuchen Sie, es sich leichter zu machen (z.B. durch Hilfe von außen oder Delegation), wenn Sie schon länger im Extrembereich dauerhafter Überforderung unterwegs sind. Denn gerade diese dauerhafte Überforderung ist es, die uns aus der Balance bringt.
2. Sorgen Sie für Inseln konzentrierter Arbeit.
Leichter machen Sie es sich auch dann, wenn Sie schneller in den Zustand geraten, in dem die Arbeit leicht von der Hand geht: in den Zustand der Konzentration. Der Hauptfeind konzentrierter Arbeit sind heute die ständigen Unterbrechungen. Schirmen Sie sich daher einmal pro Tag für eine bestimmte Zeit von allen Störungen ab, leiten Sie Ihr Telefon um, beantworten Sie Emails später, sagen Sie Kolleginnen und Kollegen, dass Sie jetzt nicht zu sprechen sind.
Sie werden überrascht sein, wieviel Sie in dieser Zeit wegarbeiten – und wie entspannt Sie hinterher sind. Denn solche Zeiten konzentrierter Arbeit wirken per se stressmindernd. Auch wenn es paradox erscheint: Wenn wir konzentriert an etwas arbeiten, entspannen wir und sorgen so schon bei der Arbeit für mehr Lebensbalance.
3. Schaffen Sie sich Zeitinseln
Und dann gibt es noch ein besonders wirksames Mittel, um dauerhaft in Balance und innerlich stabil zu bleiben: kurze Auszeiten, die ich gerne „Zeitinseln für mich selbst“ nenne. Die große jährliche Zeitinsel haben Sie ja wahrscheinlich gerade hinter sich – den Jahresurlaub. Aber es muss nicht immer diese wochenlange Unterbrechung sein. Es reichen schon wenige Minuten am Tag, eine Art täglicher Kurzurlaub: Zeitinseln, die frei bleiben für uns selbst, für den Augenblick, zum Faulenzen oder einfach für das, wonach uns gerade ist – aber eben ohne einen bestimmten Plan.
Im Alltag geht diese Möglichkeit der Regeneration leider oft unter. Deshalb gilt: Auch wenn es eine planlose Zeit ist, sollte sie doch frühzeitig eingeplant werden – reservieren Sie diese Zeitinseln in Ihrem Kalender. Es mag sein, dass dann immer mal wieder etwas dazwischen kommt – aber selbst wenn Sie nur 75% dieser „Termine in eigener Sache“ wahrnehmen, wird das Ihrer Lebensbalance mehr bringen als so manches aufwändige Freizeitprogramm.“
Dr. Marco Freiherr von Münchhausen studierte Jura, Psychologie und Kommunikationswissenschaften. Heute hält der gefragte Redner und Coach europaweit Vorträge und Seminare zu den Themen Work-Life-Balance, Selbstmotivation, Selbstmanagement im Alltag und Aktivierung persönlicher Ressourcen.
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