2025 Januar 23

Interviews

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Andreas Reinicke, Nahost-Experte, zur möglichen Nachkriegsordnung in Gaza und Israel

von Kathrin Kallio

Er ist einer der begehrtesten Kommentatoren dieser Tage, wenn es um die Krisen- und Kriegsgebiete im Nahen und Mittleren Osten geht. Im Interview mit der Econ Referenten-Agentur ordnet Dr. Andreas Reinicke, ehemaliger EU-Sonderbeauftragter für den Nahost-Friedensprozess, die aktuelle Lage in Gaza und Israel ein.

Dr. Reinicke, mit Waffenruhe und Geiselaustausch gibt es einen Hoffnungsschimmer rund um Gaza und Israel. Wie optimistisch sind Sie bezüglich des ausgehandelten Abkommens: Werden sich beide Parteien daran halten?
Ich bin vorsichtig optimistisch, dass die Waffenruhe eingehalten wird. Aber das Abkommen ist komplex und in der Umsetzung können jederzeit gewollte oder ungewollte Fehler entstehen. Die wirkliche Herausforderung wird die Aushandlung der zweiten und dritten Phase sein. Ich habe an vielen solcher Verhandlungen teilgenommen und weiß, wie schwierig es ist. Das Vertrauen zwischen Israel und Hamas muss in den ersten sechs Wochen aufgebaut werden.

Sie haben tiefe Einblicke in die geopolitischen Zusammenhänge im Nahen und Mittleren Osten. Stichwort Nachkriegsordnung: Wie könnte ein Lösungsmodell aussehen, das für langfristigen Frieden sorgt?
Trotz vieler Schwierigkeiten halte ich die Zwei-Staaten-Lösung nach wie vor für die beste Lösung für Israelis und Palästinenser. Die Alternativen – Annexion, Vertreibung der Palästinenser oder eine Autonomie mit eingeschränkten Rechten für Palästinenser – werden keine langfristige Ruhe und Sicherheit für Israel mit sich bringen. Detaillierte Pläne für eine Zwei-Staaten-Lösung liegen bereits seit Jahren auf dem Tisch. Nichtsdestotrotz würde dieser Weg schwierig werden.

Welchen Einfluss auf die Weltordnung haben die aktuellen Geschehnisse im Nahen Osten? Wie würde sich etwa eine dauerhafte Friedenslösung auf die globalen Kräfteverhältnisse auswirken?
Die Lösung des Palästina-Konfliktes ist Voraussetzung für die Lösung der übrigen Konflikte in der Region. Namentlich der des Iran mit den arabischen Staaten sowie der religiöse Konflikt zwischen Islamisten und Modernisierern. Bislang können Radikale den Palästina-Konflikt stets zur Mobilisierung eigener Anliegen nutzen. Eine Beruhigung wäre nicht nur für die Sicherheit und das Existenzrecht Israels, sondern auch für unsere deutschen und europäischen Interessen in der Region von immenser Bedeutung.

Dr. Andreas Reinicke ist Botschafter a.D. und Direktor des Deutschen Orient-Instituts in Berlin. Reinicke war im Auswärtigen Dienst auf Posten in Tel Aviv und New York tätig, war Leiter der Deutschen Vertretung in Ramallah und der letzte deutsche Botschafter in Syrien. Von 2014 bis 2020 war er Botschafter in Tunesien. Als EU-Sonderbeauftragter für den Nahost-Friedensprozess vertrat er die EU im Nahost-Quartett. In seinen Funktionen war er maßgeblich an der Formulierung und Umsetzung der deutschen und europäischen Nahost-Politik beteiligt. Andreas Reinicke ist heute ein gefragter Kommentator in Radio und Fernsehen und regelmäßig in Talkshows zu sehen.

Wenn Sie Andreas Reinicke für Ihre Veranstaltung oder Ihr Seminar als Redner anfragen möchten, rufen Sie uns an unter +49 89 5472619-0 oder mailen Sie uns.

Das Interview führte Katja Volkmer, Redakteurin und freie Mitarbeiterin der Econ Referenten-Agentur.

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