Vorsichtig optimistisch zeigte sich Prof. Dr. Marcel Fratzscher beim Euroforum-Webinar zum Thema „Was erwartet deutsche Unternehmen mittel- und langfristig?“. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung diskutierte mit Dr. Christoph Regierer, Partner der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Mazars, über die Frage, mit welchen Entwicklungen die deutsche Wirtschaft in der Post-Corona-Ära rechnen muss. Im Mittelpunkt des Gesprächs standen die drei Megatrends Globalisierung, Digitalisierung und Neo-Ökologie.
Globalisierung
„Der globale Welthandel kommt schnell zurück“, zeigte sich Fratzscher zuversichtlich bei der Frage, ob die Coronakrise zu einer Abkühlung der Globalisierung oder eher zu einer Globalisierung 2.0 führt. Denn Lieferketten lassen sich nicht so schnell ersetzen. Doch stelle sich die Frage, wie sich Lieferketten langfristig verändern werden, damit Unternehmen Krisen gegenüber resilienter werden.
Dazu gehört zum Beispiel die geografische Diversifizierung einschließlich der Rückbesinnung auf Europa. Fratzscher warnte aber vor den derzeitigen protektionistischen Strömungen, nicht nur seitens der USA und Chinas. Mit Sorge sieht er die aktuelle Diskussion über ausländische Direktinvestitionen. „Die Politik könnte zum Bremsklotz werden“, fürchtet er.
Digitalisierung
Auch wenn Homeoffice und digitale Meetings während der Coronabeschränkungen zur Normalität geworden sind, beklagt Marcel Fratzscher, dass Deutschland im weltweiten Vergleich über eine der schlechtesten digitalen Infrastrukturen verfügt. Hier gibt es also wie bei Verkehr oder Bildung noch reichlich Nachholbedarf.
Außerdem bereitet ihm Sorge, dass Unternehmen und Menschen unterschiedlich gut mit der Transformation zurecht kommen. Es werde auch Verlierer geben, Insolvenzen und eine gesellschaftliche Polarisierung seien die Folge.
Neo-Ökologie
In der angespannten Diskussion um eine nachhaltigere Wirtschaft stellt Marcel Fratzscher klar, dass damit keineswegs – wie manche fürchten – heute wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, in Hoffnung, irgendwann später geringere Kosten zu haben. Ganz im Gegenteil gäbe es schon heute Technologien, die zugleich billiger und besser seien.
Die gegenwärtige Krise bietet die Chance, die Transformation in diesem Bereich zu beschleunigen. „Wir müssen aufhören, Wirtschaft und Nachhaltigkeit als Widerspruch zu sehen“, forderte Fratzscher. Vielmehr werden in 10 bis 20 Jahren jene Unternehmen um so wettbewerbsfähiger sein, die diesen Trend jetzt möglichst schnell aufnehmen und umsetzen.
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