2015 Oktober 12

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Guido Steinberg: Warum in Syrien nicht verhandelt wird

von Barbara Boesmiller

ECON_Redner_Steinberg_GuidoNoch immer kommen jeden Tag hunderte Flüchtlinge nach Deutschland, die meisten von ihnen sind vor dem syrischen Bürgerkrieg geflohen. Die Debatte darüber, wie man den Menschen hierzulande am besten hilft, lässt die Lage in Syrien selbst immer wieder in den Hintergrund rücken. Russland und die USA haben eingegriffen, aber wer da mit wem gegen wen kämpft, welche Macht das Assad-Regime eigentlich noch hat – bei diesen Fragen herrscht oft Unsicherheit. Wir haben bei unserem Redner Dr. Guido Steinberg nachgefragt, Islamwissenschaftler, Nahostexperte und lange Terrorismusreferent im Bundeskanzleramt.

Guido Steinberg, die USA fliegen schon länger Luftangriffe in Syrien, inzwischen macht das auch Russland. Wen sollen diese Luftschläge treffen? Und wen treffen sie tatsächlich?

Die Luftangriffe der USA gelten vor allem dem IS im Osten und Norden des Landes. Die der Russen hingegen richten sich gegen Rebellen im Zentrum und Nordwesten Syriens. Der IS ist dort nicht präsent. Russland will genau wie Assad erreichen, dass sich lediglich das Regime und die IS-Terroristen gegenüberstehen und der Westen dann nur noch die Wahl zwischen diesen beiden Übeln hat – und sich für den Diktator entscheidet.

Wie wird sich der Konflikt durch das Eingreifen von außen Ihrer Meinung nach entwickeln?

Das Eingreifen Russlands stabilisiert das Assad-Regime und verhindert, dass die Rebellen auch seine Hochburgen in den Küstenprovinzen überrennen und die wichtige Stadt Aleppo einkreisen. Es wird den Truppen Assads trotzdem nicht gelingen, die Kontrolle über die einmal verlorenen Gebiete wiederherzustellen. Dazu fehlen ihm die Soldaten. Schon jetzt kämpfen fast nur noch Alawiten für Assad, und selbst von denen flüchten viele, um sich der Einberufung zu entziehen – auch nach Deutschland.

Wenn Sie eine Prognose wagen: Kann der Krieg in Syrien in absehbarer Zeit enden? Und wer würde dann als „Sieger“ daraus hervorgehen?

Der Krieg in Syrien wird wahrscheinlich noch sehr lange dauern. Russlands Eingreifen führt zu einem Patt und hat alle Hoffnungen auf eine vielleicht doch noch mögliche Verhandlungslösung zunichte gemacht. Die Sieger sind heute schon die islamistischen Terroristen des IS oder auch der Nusra-Front, also des syrischen Ablegers der al-Qaida. Sie kontrollieren große Teile Syriens, haben Zulauf aus aller Welt, sie bedrohen die Nachbarstaaten und werden auch für Europa eine Gefahr bleiben. Eine Gefahr die wächst, je länger der Bürgerkrieg dauert.

 

 

 

 

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