Altersarmut, Zuschussrente, Rentenstreit – seit Tagen bestimmen diese Begriffe die Schlagzeilen. Die SPD versucht, mit einem eigenen Rentenkonzept wieder Boden gut zu machen, während Union und FDP weiter über die Zuschussrente streiten. Und Ursula von der Leyen? Die hat die ganze Debatte ausgelöst und hält eisern an ihren Ideen fest. Für uns Zeit und Grund genug, bei unserem Redner Walter Riester nachzufragen. Was hält er als Rentenexperte und Amtsvorgänger der Ministerin von ihren Plänen?
„Überwiegend bin ich dafür. Es ist gut, dass Frau von der Leyen den Mut hat, unbequeme Rentenwahrheiten auch öffentlich anzusprechen. Nun mag man sich fragen: Ist Mut erforderlich, eine schlichte Wahrheit anzusprechen? In Rentenfragen leider ja. Ich habe dies selbst erfahren, und zwar als ich darauf hingewiesen habe, dass die Rente allein den Lebensstandard vieler Menschen nicht sichern kann. Frau von der Leyen belässt es jedoch nicht bei einer bloßen Beschreibung der Probleme, sondern bietet eine Lösung an, die diskussionswürdig ist. Ich teile ihre Auffassung: Wer 30 Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt und eine ergänzende Altersvorsorge auf privater oder betrieblicher Basis abgeschlossen hat, soll im Alter mehr bekommen als die Grundsicherung.
Wichtig dabei ist allerdings, dass dieser sozialpolitische Zuschuss nicht von den Beitragszahlern, sondern über Steuermitteln finanziert wird.
Was mich ärgert, ist die geschlossene Abwehrfront, die ihr entgegen schlägt. Was mich freut: Ihr Vorstoß zwingt die Abwehrfront zum Nachdenken und zum Handeln.
Was mich ärgert, ist außerdem der Vorwurf, Frau von der Leyens Vorschlag käme überraschend – und dies nach über einem Jahr Rentendialog, den sie angeboten und organisiert hat. Was mich freut: Die pauschalen Kritiker müssen jetzt aktiv werden und sind gezwungen, eigene Vorstellungen zu entwickeln.
Fassen wir zusammen: Ich stimme nicht jedem einzelnen Punkt zu. Das ist aber normal bei einem solch komplexen Thema. Die inhaltliche Richtung stimmt jedenfalls. Und bei allem Tohuwabohu hat Frau von der Leyen hoffentlich einen Prozess des Handelns ausgelöst, der die große Problematik der mangelnden Altersvorsorge erneut angeht. Jedes Jahr des Nichthandelns schadet vielen Menschen.“
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