Nach all den wirtschaftlichen Unkenrufen der letzten Wochen tut es gut, die Stimme eines Optimisten zu vernehmen. Unser Redner Dr. Helmut Becker, langjähriger Chef-Volkswirt von BMW, erklärt in seinem Gastbeitrag, warum die deutsche Wirtschaft auch 2012 wachsen wird:
Während in normalen Zeiten die Wachstumsprognosen für die deutsche Wirtschaft zum Jahreswechsel eine deutliche Spreize zwischen Pessimisten und Optimisten aufweisen, ist es diesmal nicht so.
Alle Auguren – ob Wirtschaftsforschungsinstitute (allen voran das renommierte Ifo-Institut), Sachverständigenrat, Bundesregierung oder sonstige halbwegs professionellen Prognostiker – sind in den letzen Wochen vor dem Jahreswechsel in einen regelrechten Wettlauf um die pessimistischste Wachstumsprognose für 2012 eingetreten. Alle redeten von Rezession im nächsten Jahr, oder zumindest Fast-Rezession. Sogar die Bundeskanzlerin hat in ihrer Neujahresansprache für 2012 vorsorglich schwierige Zeiten für ihre Landsleute angekündigt.
Die Erfahrung lehrt, dass sich Pessimisten mit ihrer negativen Vorausschau immer leichter tun als Optimisten. Zum einen wird Pessimisten niemals ex post eine Fehlprognose vorgeworfen, weil sich alle am gegenteiligen positiven Ergebnis erfreuen – als Pessimist gehört man immer zu den Gewinnern! Zum anderen weil die Wirtschaft seit Frühjahr 2009 einen fulminanten Aufschwung aus tiefer Rezession bis auf das alte Vorkrisenniveau hinter sich hat. Mehr Wachstumsdynamik geht gar nicht!
Nun stehen alle Experten etwas bedröppelt vor der Frage: Wie geht es weiter? In einer Welt, in der wes(en)tliche Industriestaaten es bis an den Rand der öffentlichen Überschuldung und Insolvenz gebracht haben, ist ein kollektives „Gürtel-enger-Schnallen“ unvermeidlich, jedenfalls früher oder später, bei den meisten früher.
Was natürlich mit einer Einschränkung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage – Konsum, Investitionen, Staatsverbrauch – einhergeht und damit das Risiko in sich trägt, dass aus richtigem einzelstaatlichen Sparen in der Summe global ein kollektiver Spar-GAU werden kann. Dies würde die deutsche Wirtschaft insofern besonders treffen, als fast die Hälfe ihrer Leistung von der Auslandsnachfrage und damit vom Export abhängt – in der Automobilindustrie sind es sogar Dreiviertel.
Mindestens 1% BIP-Wachstum 2012
Und dennoch: Den Optimisten gehört die Zukunft! Nicht nur weil Forscher herausgefunden haben, dass Optimisten länger und gesünder leben, während Pessimisten einen Hang zu Alkohol und Nikotin entwickeln. Sondern auch, weil die deutsche Wirtschaft 2012 ihr hohes Niveau nicht nur halten, sondern weiter wachsen wird. Natürlich langsamer als in den beiden zurückliegenden „unnormalen“ Aufholjahren. Und dennoch: 1% BIP-Wachstum werden 2012 die Untergrenze sein!!
Für diese Entwarnung gibt es viele Gründe. Hier seien nur die drei wesentlichen genannt.
- Durch die Verschuldungskrise hat in allen Staaten endlich ein Umdenken eingesetzt! Erkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung. Man kann also hoffen!
- Noch nie in der Wirtschaftsgeschichte haben Staaten zuviel gespart, eher gilt das Gegenteil, sonst wäre man ja nicht in die Malaise gekommen. Das wird auch 2012 so sein! Latent wird also auch 2012 eher zu wenig als zu viel gespart!
- Die deutsche Wirtschaft war von ihrer inneren Struktur wettbewerblich niemals besser aufgestellt als gegenwärtig. Die Welt wird auch 2012 am deutschen Warensortiment nicht vorbeikommen. Wir haben (fast) alles, wir können (fast) alles und wir sind bereit, unsere Systeme weltweit vor Ort in Gang zu setzen und zu betreiben. Kurz: German engineering! – Wo liegt da das Wachstums-Problem?
Dr. Helmut Becker, München 02.01.2012
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