2016 Mai 17

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Joschka Fischer: Europa – noch eine Gemeinschaft?

von Sibylle Nottebohm

Econ Redner Joschka Fischer private banking kongress in München 290416

Klug wie stets behandelt der leidenschaftliche Europäer Joschka Fischer Ende April beim private banking kongress in München sein Thema: „Europa – noch eine Gemeinschaft? Die wirtschaftliche Zukunft der EU“, mit dem Untertitel „Europa in der Krise: Folgt der Zerfall, eine separatistische Neuordnung oder eine gestärkte Gemeinschaft? Brexit oder nicht?“

Harte Themen, denke ich und so sieht es Joschka Fischer auch: Die existenziellen Fragen des drohenden Brexit und die Bewältigung der Flüchtlingskrise sind entscheidend für die Zukunft Europas. Denn durch die globalen Veränderungen und den Aufstieg Chinas und Indiens droht ein Verlust an Macht und Wohlstand in der alten Welt.

Deutschland als größtem und bevölkerungsreichstem Land in der Mitte Europas kommt dabei – besonders in der Wirtschaft – eine zentrale Rolle zu.  Aber, so urteilt Joschka Fischer mit seiner unverwechselbaren Stimme, der Mensch ist kein lernendes Tier, und viele Kräfte streben leider wieder in Richtung Nationalstaat.

Seit 2008/2009 offenbaren sich mehrere Krisen in der Europäischen Union, und da die EU eine Schönwetterkonstruktion ist, kann sie diese Krisen schlecht bewältigen:

  • Da wäre zum einen die institutionelle Schwäche der EU, die nicht in der Lage ist, wie ein einziger Staat zu handeln. Es ist aber besser, in zähen EU-Ratssitzungen die 28 nationalen Interessen auszuhandeln, als sie auf dem Schlachtfeld auszutragen.

    Bei Scheitern des Euro droht globales Erdbeben

    In der Finanzkrise war die EU außerdem nicht so flexibel wie die USA, da sie die Krise nicht strategisch angepackt hat. Der Präsident der Europäischen Zentralbank Mario Draghi wird hierzulande für seine Nullzinspolitk kritisiert. Dabei wird aber vergessen, dass er eine Politik für die gesamte Eurozone machen muss. Für den Erhalt des Euro mahnt Joschka Fischer eine stärkere wirtschaftspolitische Integration an, denn ein Scheitern der Eurozone würde ein Erdbeben mit massiven globalen Konsequenzen nach sich ziehen.

  • Wegen der großen geopolitischen Bedeutung der Türkei für Europa und den Nahen Osten muss eine gemeinsame Lösung für die Sicherung der Außengrenzen auf See und an Land gefunden werden. Wir brauchen starke Institutionen, die eine gemeinsame Flüchtlings- und Migrationspolitik in der EU mit einem Verteilerschlüssel für die Flüchtlinge mit Bleiberecht steuern.
  • Die dritte Krise offenbart sich im Osten: Putin strebt eine Rückkehr zur Großmachtpolitik an, was eine Gefahr für die Werte und die gemeinsame Friedens- und Prosperitätszone der EU bedeutet. Auch deshalb ist es so wichtig, den Brexit zu verhindern und nach dem Referendum zügig eine strategische Debatte zur Krisenbewältigung zu beginnen – für ein starkes Europa und gegen neonationale Stimmungen.

In diesem Zusammenhang fordert Fischer Angela Merkel auf, die Vorteile eines starken Europas deutlicher zu kommunizieren! Das Potenzial Europas ist groß, ob es so bleibt, wird jetzt entschieden!

Wegen des weltpolitischen Rückzugs der USA kommt der EU – insbesondere Deutschland und Frankreich – eine überragende sicherheitspolitische Bedeutung zu. Die Bürger Europas müssen selbst aktiv den Konsens vorantreiben, denn die EU ist unser Schicksal in Politik und Wirtschaft!

 

 

 

 

 

 

 

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